Otto Bauer

Ausgewählte Schriften

Herausgegeben von Thomas Gimesi

Das Projekt

Otto Bauer (1881–1938) gilt als der bedeutendste Theoretiker des Austromarxismus, einer politischen Strömung am linken Flügel der internationalen Sozialdemokratie, die ihre größte Wirkung vom frühen 20. Jahrhundert bis zum Vorabend des Zweiten Weltkrieges entfaltete.

Interessierten LeserInnen standen bislang nur wenige Möglichkeiten offen, sich mit Otto Bauers Schriften zu befassen. Einige Originalexemplare finden sich noch in Bibliotheken, doch selbst die käuflich zu erwerbenden Exemplare der Werkausgabe, welche erst im Jahre 1975 — knapp 40 Jahre nach seinem Tod — erschienen ist, sind lediglich über Antiquariate und zum Teil nur unter beträchtlichen Kosten zu beziehen. Diesem Umstand Rechnung tragend, wurde der Entschluss gefasst, ausgewählte Schriften Otto Bauers in modern aufbereiteter Form als erschwingliche Paperback-Ausgaben und – in den meisten Fällen – als E-Books zu veröffentlichen. Bei vorliegenden Ausgaben handelt es sich um vollständig überarbeitete Versionen der jeweiligen Originale mit einem Vorwort des Herausgebers zum Leben und Wirken Otto Bauers.

Die Schriften

Der Weg zum Sozialismus

Ausgewählte Schriften – Band 1
Seitenanzahl: 70
Zugrundeliegendes Original: 1919, 2. Auflage

„Wenn unser Volk die Notwendigkeiten der Stunde nicht begreift, wenn sich die besitzenden Klassen dem Notwendigen und Unvermeidlichen widersetzen und die arbeitenden Volksmassen, beirrt und betört, ihr eigenes Interesse nicht erkennen und die politischen Machtmittel, die die demokratische Republik ihnen gegeben hat, nicht zu gebrauchen verstehen, dann würde der Sozialismus freilich auf andere Weise kommen: nicht als das Ergebnis planmäßig aufbauender Arbeit, sondern als die Folge eines furchtbaren Sturmes, der zuerst alles zerstört, alles vernichtet, damit dann auf den Trümmern der alten Welt eine neue erstehe.“

Zwischen zwei Weltkriegen?

Ausgewählte Schriften – Band 2
Seitenanzahl: 358
Zugrundeliegendes Original: 1936

„So gewiß der Sozialismus alles daransetzen muß, den Krieg so weit als möglich hinauszuschieben, so gewiß muß er die Arbeiterklasse zu der Bereitschaft erziehen, die Erschütterung der kapitalistischen Gesellschaft, des kapitalistischen Staates, des staatlichen Gewaltapparats durch einen Krieg zur Eroberung der Staatsmacht und damit zur Befreiung des Proletariats auszunützen.“

Bolschewismus oder Sozialdemokratie?

Ausgewählte Schriften – Band 3
Seitenanzahl: 178
Zugrundeliegendes Original: 1920

„Die Hebung der Volksbildung, die rege Teilnahme an politischen und gewerkschaftlichen Kämpfen, die Selbsterziehung in der Arbeiterorganisation, die reichere Muße, die die Arbeiterschaft den Schutzgesetzen und den gewerkschaftlichen Kämpfen verdankt, lassen den Arbeitssklaven der Vergangenheit allmählich zur freien, selbstbewußten Persönlichkeit wachsen. Und in dem Maße, als der Arbeiter zur Persönlichkeit wird, wird sein Freiheitsdrang zur stärksten Triebkraft seines Denkens und Handelns.“

Die österreichische Revolution

Ausgewählte Schriften – Band 4
Seitenanzahl: 476
Zugrundeliegendes Original: 1923

„Solange der Staat über Gewaltmittel zur Niederhaltung des Proletariats nicht verfügt, ist die Demokratie wirkliche Selbstregierung der Volksgesamtheit. Sobald der Staat hinreichende Mittel zur Niederhaltung des Proletariats besitzt, vermag die Bourgeoisie, wenn nur die Wahlen ihr die Mehrheit in dem Parlament der Republik sichern, das Proletariat unbeschränkt zu beherrschen; die Demokratie verwandelt sich dann zur bloßen Form der Klassenherrschaft der Bourgeoisie. Das also ist der Sinn des Kampfes: es ist der Kampf zwischen dem Geist und der Gewalt als Regierungsmittel; zwischen der funktionellen und der bloß parlamentarischen Demokratie als Regierungsmethode; zwischen der Demokratie als wirklicher Selbstregierung der Volksgesamtheit und der Demokratie als bloßer Form der Klassenherrschaft.“

Die Sozialisierungsaktion im ersten Jahre der Republik

Ausgewählte Schriften – Band 5
Seitenanzahl: 48
Zugrundeliegendes Original: 1919

„Indem der Kapitalismus die Arbeiter zu bloßen Arbeitsinstrumenten herabgewürdigt hat, hat er sie unfähig gemacht, ihre eigene Arbeit zu leiten. Er hat jene Kenntnisse und Fähigkeiten, die die Leitung der gesellschaftlichen Arbeit erfordert, ebenso monopolisiert wie das Eigentum an den Arbeitsmitteln. Dieses Monopol muß gebrochen werden, wenn die Sozialisierung möglich werden soll.“

Sozialdemokratie, Religion und Kirche

Ausgewählte Schriften – Band 6
Seitenanzahl: 120
Zugrundeliegendes Original: 1927

„Wir werden die Trennung der Kirche vom Staat erst durchsetzen können, wenn wir die Staatsmacht erobert haben werden. Aber nach der Eroberung der Staatsmacht werden wir vor allem an die Lösung unserer großen wirtschaftlichen, unserer sozialen Aufgaben schreiten müssen. Unsere wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen werden die Bourgeoisie in rasende Wut versetzen. Es wäre Selbstmord, in einem solchen Augenblick die religiösen Empfindungen der gläubigen Proletarier zu verletzen und sie dadurch der rebellierenden Bourgeoisie in die Arme zu treiben.“